Ich habe, neben zwei oder drei gelungenen Musik- und Tanznummern, eine einzige, sich ein paar Mal wiederholende Lieblingsszene in HOUSEFULL 4: Die Gebete von drei Brüdern an
drei Tauben, ihnen doch bitte auf den Kopf zu scheißen, während sie seltsame Gesten und Tänzeleien aufführen. Das wäre
ein Zeichen dafür, dass ihnen vergeben wurde, sie vor 600 Jahren
aufgegessen haben. Die wiedergeborenen Tauben hießen damals Neil,
Nitin und Mukesh, woran man sieht, dass der Film keinen Kalauer,
keine Anspielung auslässt und wahrscheinlich verstecken sich da noch
viele Wortspiele, die die Untertitel nur unzureichend wiedergeben.
Und Bollywood-Verweise gibt es sowieso noch haufenweise mehr. Und wie
man es vielleicht schon ahnt, hat der Film eine echte Vorliebe für
Kot, was hier definitiv ein viel zu gepflegtes Wort ist. Es wäre eine absolut respektlose Missachtung des Films,
dezent darum herum zu schreiben. Scheiße muss bei ihrem Namen
genannt werden angesichts eines Films, in dem getrocknete Schweinekacke als
Geburtstagsgeschenk an einen König gegeben wird, da es sich angeblich um ein
Verjüngungsmittel handelt. Natürlich knabbert er sofort daran.
Lecker.
Und wenn ich schon beim
Wort Kacke und seinen Synonymen bin, dann könnte man sagen, dass
Akshay Kumar der einzige Bollywood-Superstar ist, der aus Scheiße
Gold machen kann. HOUSEFULL 4 ist kein guter Film, nicht einmal ein
witziger. Man guckt den Darstellern zu, und da ist es vor allem
Akshay Kumar, der das alles nicht nur mit Anstand, sondern ziemlich
brillant bewältigt. Und ganz offensichtlich hat er Spaß an dem
sinnfreien Overacting. Das hält die filmische Katastrophe irgendwie
zusammen. Keiner der anderen großen Bollywood-Stars würde so etwas unbeschadet überstehen. Erst sieht man ihn als grauhaarigen Friseur mit leichtem
Dachschaden. Dann färbt er sich die Haare, um nicht auszusehen wie
der Vater seines zukünftigen Schwiegervaters. Und dann sieht man ihn
als kahlen Prinzen-Schurken, der nichts anderes will als auf den
Thron des Vaters. Auch über dessen Leiche.
An sich geht es in
HOUSEFULL 4 um Wiedergeburt. Heute und vor 600 Jahren spielt das Ganze. Und wie so oft
bei dem Thema muss mal wieder Unerledigtes aus einem früheren Leben
aufgearbeitet werden. Riteish Deshmukh und Bobby Deol sind auch mit
von der Partie. Schauspielerinnen sind auch da, vor allem mit Kriti
Sanon an der Spitze richtig gute, aber eigentlich hätte man auch
untalentierte, unbekannte und billigere Models engagieren können,
denn das hier ist ein Männerfilm, in dem Damen nur zur
Mini-Rock-Dekoration da sind. Das sieht man besonders bei der Szene
am Schluss, wenn die drei jungen Bräute nach der Hochzeit heulend
noch an Papas Rockschoß hängen und die drei Kerle genervt einfach
die drei Geliebten des Schwiegervaters mitschleppen. Alles austauschbar. Und außerdem zeigt der Film anschaulich, wie leicht es für drei Schwachköpfe ist, hübsche, reiche, junge Damen aufzureißen
und sofort zum Heiraten zu bringen. Hier können echte Kerle echt
noch was dazulernen.
Richtig seltsam
wird HOUSEFULL, wenn er Bezug auf seine eigene Entstehungsgeschichte
nimmt, wenn er sich eine Reihe von Gags zum Thema sexueller
Belästigung gönnt, die aber nur auf einem Missverständnis beruht. Denn 2018 wurden dem eigentlich vorgesehenen
Regisseur des Films Sajid Khan, Bruder von Farah Khan, Vorwürfe
wegen Belästigung gemacht, worauf ihm der Job entzogen wurde. Farhad
Samji sprang ein. Also kriegt Akshay Kumars Friseur kräftig und schmerzhaft einen in die Eier, nach dem er als eine Art
verqueren Liebesbeweis eine Tarantel nach seiner Angebeteten geworfen
hat, die das gleichbedeutend mit einer Säureattacke auffasst. Und
später kriegt er noch einen auf den Hintern mit einer Peitsche oder
etwas Peitschenähnlichem. Ich werde den Film jetzt nicht noch mal
gucken, um das zu überprüfen. Ich werde ihn mit Sicherheit sowieso
nie wieder gucken. In diesem Leben nicht und hoffentlich auch in
keinem anderen. Und wenn sich jetzt jemand fragt, ob man denn über
Säureattacken Witze machen sollte, könnte man antworten, dass das
entschuldbar ist, wenn die Witze denn gut sind. Lachen spült meist
jeden Einwand das Klo herunter, um ein Bild zu benutzen, dass zum Film passt.
Aber hier ist kaum ein Witz wirklich gut, alles bleibt seelenlos,
alles wird bloß irgendwie benutzt. Also erzeugt es ein
ungutes Gefühl.