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Dienstag, 5. November 2019

Akshay Kumar in HOUSEFULL 4 – Wiedergeburt und Taubenscheiße

Ich habe, neben zwei oder drei gelungenen Musik- und Tanznummern, eine einzige, sich ein paar Mal wiederholende Lieblingsszene in HOUSEFULL 4: Die Gebete von drei Brüdern an drei Tauben, ihnen doch bitte auf den Kopf zu scheißen, während sie seltsame Gesten und Tänzeleien aufführen. Das wäre ein Zeichen dafür, dass ihnen vergeben wurde, sie vor 600 Jahren aufgegessen haben. Die wiedergeborenen Tauben hießen damals Neil, Nitin und Mukesh, woran man sieht, dass der Film keinen Kalauer, keine Anspielung auslässt und wahrscheinlich verstecken sich da noch viele Wortspiele, die die Untertitel nur unzureichend wiedergeben. Und Bollywood-Verweise gibt es sowieso noch haufenweise mehr. Und wie man es vielleicht schon ahnt, hat der Film eine echte Vorliebe für Kot, was hier definitiv ein viel zu gepflegtes Wort ist. Es wäre eine absolut respektlose Missachtung des Films, dezent darum herum zu schreiben. Scheiße muss bei ihrem Namen genannt werden angesichts eines Films, in dem getrocknete Schweinekacke als Geburtstagsgeschenk an einen König gegeben wird, da es sich angeblich um ein Verjüngungsmittel handelt. Natürlich knabbert er sofort daran. Lecker.

Und wenn ich schon beim Wort Kacke und seinen Synonymen bin, dann könnte man sagen, dass Akshay Kumar der einzige Bollywood-Superstar ist, der aus Scheiße Gold machen kann. HOUSEFULL 4 ist kein guter Film, nicht einmal ein witziger. Man guckt den Darstellern zu, und da ist es vor allem Akshay Kumar, der das alles nicht nur mit Anstand, sondern ziemlich brillant bewältigt. Und ganz offensichtlich hat er Spaß an dem sinnfreien Overacting. Das hält die filmische Katastrophe irgendwie zusammen. Keiner der anderen großen Bollywood-Stars würde so etwas unbeschadet überstehen. Erst sieht man ihn als grauhaarigen Friseur mit leichtem Dachschaden. Dann färbt er sich die Haare, um nicht auszusehen wie der Vater seines zukünftigen Schwiegervaters. Und dann sieht man ihn als kahlen Prinzen-Schurken, der nichts anderes will als auf den Thron des Vaters. Auch über dessen Leiche.

An sich geht es in HOUSEFULL 4 um Wiedergeburt. Heute und vor 600 Jahren spielt das Ganze. Und wie so oft bei dem Thema muss mal wieder Unerledigtes aus einem früheren Leben aufgearbeitet werden. Riteish Deshmukh und Bobby Deol sind auch mit von der Partie. Schauspielerinnen sind auch da, vor allem mit Kriti Sanon an der Spitze richtig gute, aber eigentlich hätte man auch untalentierte, unbekannte und billigere Models engagieren können, denn das hier ist ein Männerfilm, in dem Damen nur zur Mini-Rock-Dekoration da sind. Das sieht man besonders bei der Szene am Schluss, wenn die drei jungen Bräute nach der Hochzeit heulend noch an Papas Rockschoß hängen und die drei Kerle genervt einfach die drei Geliebten des Schwiegervaters mitschleppen. Alles austauschbar. Und außerdem zeigt der Film anschaulich, wie leicht es für drei Schwachköpfe ist, hübsche, reiche, junge Damen aufzureißen und sofort zum Heiraten zu bringen. Hier können echte Kerle echt noch was dazulernen.

Richtig seltsam wird HOUSEFULL, wenn er Bezug auf seine eigene Entstehungsgeschichte nimmt, wenn er sich eine Reihe von Gags zum Thema sexueller Belästigung gönnt, die aber nur auf einem Missverständnis beruht. Denn 2018 wurden dem eigentlich vorgesehenen Regisseur des Films Sajid Khan, Bruder von Farah Khan, Vorwürfe wegen Belästigung gemacht, worauf ihm der Job entzogen wurde. Farhad Samji sprang ein. Also kriegt Akshay Kumars Friseur kräftig und schmerzhaft einen in die Eier, nach dem er als eine Art verqueren Liebesbeweis eine Tarantel nach seiner Angebeteten geworfen hat, die das gleichbedeutend mit einer Säureattacke auffasst. Und später kriegt er noch einen auf den Hintern mit einer Peitsche oder etwas Peitschenähnlichem. Ich werde den Film jetzt nicht noch mal gucken, um das zu überprüfen. Ich werde ihn mit Sicherheit sowieso nie wieder gucken. In diesem Leben nicht und hoffentlich auch in keinem anderen. Und wenn sich jetzt jemand fragt, ob man denn über Säureattacken Witze machen sollte, könnte man antworten, dass das entschuldbar ist, wenn die Witze denn gut sind. Lachen spült meist jeden Einwand das Klo herunter, um ein Bild zu benutzen, dass zum Film passt. Aber hier ist kaum ein Witz wirklich gut, alles bleibt seelenlos, alles wird bloß irgendwie benutzt. Also erzeugt es ein ungutes Gefühl.