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Sonntag, 22. Mai 2022

Prashant Neels K.G.F.: CHAPTER 2 – Die El-Dorado-Goldfabrik

 

Der zweite Teil (2022) des im Original Kannada-sprachigen Gangster-Epos K.G.F. ist der Dauererfolg Nummer eins dieses Frühjahrs. Selbst hier in Deutschland werden immer noch vereinzelte Vorstellungen angesetzt, was über einen so langen Zeitraum nicht so häufig geschieht. Man musste ja lange warten auf die Premiere, denn die wurde coronabedingt immer wieder verschoben.

Der erste Teil zeigte den Aufstieg des geprügelten Straßenkindes Rocky zum Gangsterboss, Volkshelden und zum Eroberer und Besitzer einer riesigen westernartig festungsgleich gesicherten Goldschürfanlage mit dem Namen El Dorado, wo Menschen als Sklaven für die mühselige Handarbeit gehalten werden. In K.G.F.: CHAPTER 2 (2022) geht es nun um den Erhalt und den modernen Ausbau dieses Besitzes. Es endet mit einer grandiosen Niederlage und einem genau getimten Tod auf hoher tiefer See. Aber es bleiben eben einige Fragezeichen. Vor allem eine Sache lässt die kleine Gruppe, die das alte Dokument mit Rockys vermeintlichen Erlebnissen liest, nicht los. Ist das Ganze Mythos oder Wirklichkeit, Wirklichkeit oder Fiktion? Vielleicht kommt es ja zur großen Rocky-Wiederauferstehung im dritten Teil, der sich ganz am Ende andeutet. Und ohne den Hauptdarsteller, den Star Yash, kann man einen dritten K.G.F. unmöglich drehen.

K.G.F. ist ein sehr formalistischer Film. Der größte Teil ist schmutzig-dunkel stilisiert, wozu die wilde, barbarische Gewalt passt. Das Ganze ist mehr überbordendes Spektakel als dramaturgisch ausgefeilt spannend. Es ist ein Film der Gegensätze und Extreme, immer am Rande der irrealen Phantasie. Ein harmloses, aber aussagekräftiges Beispiel ist Rockys Designer-Kleidung. Die sitzt perfekt und ist entweder einwandfrei fleckenlos oder aber ist, so wie sein Gesicht dann, rot verschmiert, weil er mal wieder bei einem heftigen Kampf ausgiebig in Blut gebadet hat. Dazwischen geht es nicht.

Dazu kommt eine äußerst komplexe Erzählweise. Denn man muss höllisch aufpassen. Schon beim ersten Teil hatte ich Schwierigkeiten, der Handlung bis ins Detail zu folgen. Manchmal ist es, als habe Jean-Luc Godard einen Michael-Bay-Film inszeniert. So wird zwischen den Zeit- und Ortsebenen auf eine Weise hin- und hergeschnitten, die für Mainstream-Filme eher ungewöhnlich ist, aber erfreulicherweise ganz offensichtlich vom Publikum angenommen wird. Das Süd-Kino ist in der Beziehung wirklich in der Moderne angekommen, während große Teile des Hindi-Films in der Vergangenheit festsitzen.

Die Exzesse des Films, die heftigen grenzenlosen Gewaltausbrüche dürften eine der Erfolgsursachen von K.G.F. sein. Tote gibt es hier in Massen. Zwei Höhepunkte sind die Kämpfe gegen den wikingerartig ausstaffierten Sanjay Dutt und seine Männer. Auf ein Niedermähen mit modernen Gewehren folgt eine klassische Schlacht in blutroter Handarbeit. Und so ist das K.G.F.-Universum hemmungslos, wild, brutal, unmoralisch: eine Welt, in der fast jeder in Wirklichkeit ein Gangster ist, vom Abgeordneten bis zum ehemaligen Straßenkind. Rocky hat mehr Energie und Durchsetzungsvermögen, ist seinen Gegnern immer einen Schritt, einen schnellen Gedanken voraus, kann das Verhalten der anderen erahnen. So zeigt er sich einmal selbst an bei der der ihn wie eine Besessene verfolgende Premierministerin, die von ihren Beratern gebeten wird, dem nicht nachzugehen, denn alle ihre Parlamentarier würden von Rockys illegalen Spekulationen finanziell profitieren. Und wenn ein Kampf zunächst eine scheinbare Niederlage ist, kann sich plötzlich alles wenden, weil Rocky die Niederlage schon mit eingeplant hat. Yash spielt Rocky, dem exzessive Gewalt Spaß macht, unbeweglich, ungerührt, lauernd, beobachtend, gleichzeitig unterkühlt und brennend wild,