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Montag, 14. März 2022

ANKAHI KAHANIYA – Liebe und Hilfe

 

Der Episodenfilm ist ja inzwischen beliebter Standard der Streamingdienste geworden. Aber, seien wir ehrlich, meistens sind sie nicht mehr als durchschnittlich. Ein Gipfel des eher belanglosen Wohlfühlfilms ist jetzt ANKAHI KAHANIYA (2021), der jeweils nach einer netten Idee den Großteil der Laufzeit viel zu dröge vor sich hinplätschert, auch wenn es einige wirklich hübsche Momente gibt. Damit es Sinn macht, haben die Filme oft ein gemeinsames Thema. Hier geht es diesmal um Einsamkeit und Hilfe dagegen, etwa um Mittel gegen Einsamkeit in der Großstadt. Drei Mal hilft einer dem anderen bei Liebesproblemen. Es handelt sich aber um Pärchen, die nicht zusammenkommen. Ihre Gemeinsamkeit beschränkt sich eben darauf, sich gegenseitig durchs schwere Leben zu hieven, anzuspornen, Ratschläge zu geben.

Die erste Hauptfigur ist der Angestellte eines Kleiderladens, der über diesen Job hinaus kein individuelles Leben, kein Privatleben hat, außer dass er spät abends nach Hause geht und etwas isst.  Regie geführt hat Ashwini Iyer Tivari, die mit BAREILLY KI BARFI (2017), einen der beliebtesten Kuschelfilme der letzten Jahre gedreht hat. Und dieser Angestellte lässt sich ohne Widerspruch und emotionslos ausbeuten vom Chef und dem frechen Kollegen, der macht, was er will. Er muss dann für den Laden eine Schaufensterpuppe besorgen und übernimmt damit die Damenabteilung, die plötzlich aufblüht. Er fasst eine seltsame Zuneigung zu der Puppe, lächelt sie an, redet mit ihr, zieht sie geschmackvoll an. Es ist, als würde er Frauen und die Kommunikation mit ihnen kennen lernen dadurch. Es ist ein Film voll idyllischer Musik, die auf Dauer ein bisschen repetitiv, süßlich-penetrant ist. Nachdem er vom Job entlassen wurde, fährt er nach Hause, wo ein junges Mädchen, seine künftige Braut, wie in einem Traum, einem Märchen auf ihn wartet. So kann er sich von der Puppe befreien, die ein ruhiges Leben in einem Abstellraum verbringt. Ein Paar Tränen kann er sich aber am Ende nicht verkneifen.

Abhishek Chaubey, dem Filme wie UDTA PUNJAB (2014) und SONCHIRIYA (2019) zu verdanken sind, gleitet leider in die Leere ab. Ästhetisch und atmosphärisch ist seine Hommage an das Kino der 70er/80er schon und ist perfekt und sehr schön anzusehen. Hauptfigur eines rumpeligen Einsaalkinos ist ein junger Filmvorführer mit einem alkoholkranken Onkel. Auf der anderen Seite ist da ein Mädchen, das in einem Chawl wohnt und ständig von der Mutter angeschrien und von einem Nachbarn – oder Verwandten – belästigt wird, mit ihrer Freundin ins Kino geht, wo sie dem Vorführer langsam näher kommt. Beide wollen nur heraus aus ihrem Privatleben, hassen es. Sie leisten sich gegenseitige Hilfe, um aus der Stadt herauszukommen. Sie spielen zurückhaltend Beziehung, was sich hinterher einfach als gegenseitige Unterstützung herausstellt. Im Bus dann fährt jeder in eine andere Richtung, befreit aus den täglichen Zwängen. Sie haben einander gestärkt. Ansonsten ist alles etwas banal.

Saket Chaudhary, dessen letzter Spielfilm HINDI MEDIUM (2017) mit Irrfan Khan war, liefert mit feiner Ironie in seinem intelligenten Kurzfilm den besten Beitrag ab. Eine Frau bekommt mit, dass ihr Mann sie betrügt. Sie geht zu deren Ehemann und nach etwas Zögern willigt der ein, die betrügerische Beziehung zu rekonstruieren, um zu begreifen, was da wohl passiert ist. Schritt für Schritt gehen sie vor, Handlung, Dialoge, sie kennen schließlich ihre Partner. Das Besondere ist, dass beide mit einem Fremden ganz anders als normalerweise sind. Sie sagen plötzlich die Wahrheit über sich und ihr Leben, wozu sie sonst mit ihrem Partner nicht in der Lage sind. Am Ende treffen sie sich in einem Epilog in einem Café. Bei ihm läuft jetzt alles besser. Er hat aber eine für sie deprimierende Art, sie auf den Boden der Tatsachen zu bringen. Das will sie nicht. Ein bisschen Lüge braucht sie im Leben und sollten sie sich wiedersehen, soll er beruhigend wirken: „Munter mich einfach auf. Und sag sonst nichts.“