Gleich im Vorspann von BACHCHHAN PAANDEY (2022) klingt es nach Western, aber nicht nach Currywestern, sondern nach hemmungsloser Morricone-Leone-Abkupferung. Da dröhnen die Morricone-Standards in klebriger Dichte, und die weiten Sandgegenden Rajasthans werden als Wilder Westen eingeführt. Erzählt wird eine Outlaw-Story und ist neben Hauptdarsteller Akshay Kumar als Paandey wirksam besetzt bis in kleine Nebenrollen. Dazu kommt das Vintage-Feeling des bösen Helden Bachchhan Paandey: Der liebt seinen alten Hochglanz-Oldtimer aus den 1950ern/-60ern, auf den kein Kratzer kommen darf. Doch bevor man in seine Gangsterwelt eintauchen darf, macht der Film noch einen filmischen Umweg.
Denn alles beginnt in Mumbai bei Dreharbeiten, wo eine streitbare junge Regieassistentin in der Gestalt von Kriti Sanon Ärger bekommt mit Regisseur und Produzent. Und am liebsten würden sie sie einfach zum Teufel jagen, wenn da nicht das Versprechen des Produzenten wäre, dass sie einen Film drehen dürfe, wenn sie ein gutes Thema vorweisen könne. Das muss aber erst gefunden werden. Sie stößt auf Berichte über den hochgefährlichen Bachchhan Paandey, ist begeistert und landet in Rajasthan und sammelt Material, was sich als nicht ganz ungefährlich erweist. Wäre sie ein Mann, wäre sie vermutlich schnell erschossen worden. Ihr Arbeitspartner hat daher mehr Angst als sie.
Akshay Kumar hat offensichtlich Spaß an der Rolle, wobei die Make-Up-Abteilung gute Arbeit geleistet hat. Doch der Film ist seltsam unschlüssig. Die Mischung aus brutalem Gangsterfilm-Western und Komödie funktioniert nicht. Das eine scheint das andere zu blockieren, sodass hinterher nur ein über weite Strecken ziemlich fader Eintopf herauskommt. Da ist zu viel Kumar-Show. Und die Hauptfigur bleibt einem fremd. Paandey will zwar Angst verbreiten als Überlebensstrategie im ziemlich gefährlichen Gangsterleben, wo man nicht unbedingt alt wird, aber als Bösewicht existiert er vor allem bloß verbal. Da ist ein Schauspieler, der mit Vergnügen seine Show abzieht und den Bösen markiert, der schießt, ohne dass man die Opfer sieht. Man nimmt brutale Morde gar nicht als solche wahr. Die Gewalt bleibt seltsam keimfrei. Er knallt ein bisschen mit der Pistole herum. Selbst das Brennen eines Journalisten bei lebendigem Leib berührt einen nicht. Wobei Produzent Nadiadwala, der selbst die Story geschrieben hat, hier vielleicht einen heimlichen Traum auslebt. Echte Bedrohung strahlt er nicht aus, Lichtjahre entfernt von Amjad Khan im berühmtesten aller Currywestern, SHOLAY (1975). Natürlich war es der Verlust einer Frau, der Paandey böse gemacht hat. Das ist doch mal psychologisch originell.
Das Amüsante im Film sind die Szenen, die dem Filmemachen und dem späteren Filmdreh gewidmet sind. Also besonders der Anfang und das Ende. Da kommt BACHCHHAN PAANDEY ganz gut in Fahrt. Da wird es dann auch hübsch amüsant, beispielsweise, wenn ein bekloppter, selbstverliebter Schauspiellehrer herangekarrt wird, denn die Gangster sollen sich selbst spielen. Das filmische Endergebnis hat eine löbliche, einfache Moral, denn das Gute im Gangster siegt. Aus dem mörderischen Outlaw, der so viel Wert darauf legte, dass die Menschen Angst vor ihm haben, macht der Film eine Art Heiligen. Das Schlussbild zeigt Paandey bei der Arbeit an einem neuen Film. Sein Erstlingswerk war sehr erfolgreich. Er guckt in die Kamera. Es ist ja im Grunde alles bloß Kino, alles bloß Film.