Das war doch
unterhaltsam. DE DE PYAAR DE (2019) ist eine hübsche Hindi-Komödie
mit Ajay Devgn, Tabu und der jungen Süd-Schauspielerin Rakul Preet
Singh. Der Film besteht aus drei Teilen: Er beginnt als romantische
Komödie, wird dann zur ausgelassenen familiären Boulevard-Komödie
mit viel Chaos und Durcheinander, sodass am Ende alles relativ ernst
und sachlich einem glücklichen Ende zugeführt werden muss. Devgn
spielt einen abgeklärten, von seiner in Indien lebenden Familie
schon lange getrennten 50 Jahre alten Mann, einen reichen Investor in
London. In dessen Wohnung hat sich am Anfang des Films eine
Bachelor-Party-Gesellschaft angesagt, vermutlich jüngere Kollegen.
Enttäuscht sind sie, denn er hat für nichts Wildes gesorgt. Es
folgt eine falsche Striptease-Tänzerin als Testfalle für den
zukünftigen Bräutigam. Die Verlobte taucht wutentbrannt auf.
Tränen, Drama, fast Tragödie und dann doch Versöhnung. Und ein
bisschen selbst schuld. Wer so gefährlich mit dem Feuer spielt, soll
sich nicht wundern. Jedenfalls haben sich so die beiden
Hauptfiguren - Investor und falsche Tänzerin –
kennengelernt und es geht nun hin und her, um zu sehen, ob denn
überhaupt was geht zwischen den beiden. Und da es einen
Altersunterschied von 24 Jahren gibt, gibt es auch Diskussionen
darüber sowie über Jugend, Alter und deren Kompatibilität. Alles
geschmackvoll geschrieben, charmant gespielt und von Regisseur Akiv
Ali kontrolliert inszeniert. Nur die Musik hätte man vielleicht ein
bisschen sparsamer einsetzen können. Es ist absolut nicht nötig,
jede Pointe mit einem musikalischen Effekt zu unterlegen.
Aber das alles ist
eigentlich nur die Aufwärmphase für den lustigsten Teil des Films,
für die Boulevard-Komödie. Wo Devgn seine Braut in Indien, genauer
gesagt im Punjab, der Familie vorstellen will. Und wo er als höchst
unerwünschter Gast mitten in die Hochzeitsanbahnung der Tochter
platzt und wo die Familie des Mannes erwartet wird. Die Tochter darf
aber offiziell gar nicht seine Tochter sein, denn sie hat ihn in
ihrem Zorn auf seine ständige Abwesenheit längst für tot erklärt.
Und wo der Papa, der dann notgedrungen zum Onkel wird, die eigene
zukünftige Ehefrau verschreckt zu seiner Sekretärin erklärt, auf
die der Sohn plötzlich eine gleichaltriges Auge wirft. Das alles lebt
von der Situationskomik und der Besetzung. Ajay Devgn, der im Laufe
des Films seine Geschäftsmannsouveränität immer mehr verliert,
weil er Familienleben erst mal lernen muss. Etwas zerknautscht und
ratlos steht er ein bisschen neben sich, beobachtet sein Leben wie
von außen, weil es plötzlich von äußeren Faktoren, vor allem den
Frauen, bestimmt wird. Wie im echten Leben eben. Tabu ist nach
ANDHADHUN (2018) wieder ganz wunderbar, diesmal als souveräne
Mutter, die in einer schönen und intimen Szene mit Ajay Devgn
plötzlich zusammenbricht, weil sie es leid ist, immer die Starke zu
spielen. Rakul Preet Singh kann da gut mithalten in einer Mischung
aus lebenslustig-sexy und gefühlvoll-niedlich. Am meisten Spaß an
dem Ganzen hat ganz offensichtlich Jimmy Shergill als exzentrischer
Nachbar, der ein Auge auf Tabu geworfen hat.
Dabei verliert der Film
die ganze Zeit nicht das Thema Altersunterschied aus dem Blickfeld.
Und das ist ein Thema, das in Hindi-Filmen auf unterhaltsame Art
nicht sehr oft problematisiert wurde, nicht zuletzt deshalb
vermutlich, weil es einfach da ist. Zwischen älter werdenden Helden
und Hauptdarstellerinnen tun sich eben nach und nach immer größere
Alterslücken auf. Und in Devgns letztem Film RAID (2018) war seine
Steuerfahnder-Figur mit Ileana d'Cruz verheiratet. Und zwischen Devgn
und d'Cruz beträgt der Unterschied immerhin auch 20 Jahre. Aber
offenbar plant ja sogar Bhansali in der Richtung etwas mit Alia Bhatt
und Salman Khan, die 27 Jahre trennen. Es ist also ein scheinbar angesagtes Thema. Und es ist ironisch, dass Kritik daran kommt,
da es sich doch in solchen Filmen um freiwillige Beziehungen handelt.
Bisher war es im Hindi-Kino doch eher ein unangenehmes Thema,
vielleicht verbunden mit einer sozialen Kritik an einer
Verheiratungspraxis, wo jüngere Frauen ständig mit älteren Männern
liiert werden, ohne dabei gefragt zu werden. Was besonders extrem
wird, wenn ein Witwer noch mal heiratet. Wie in DEVDAS übrigens, wo
die arme Parvati in einem Haus praktisch eingemauert ist mit Kindern
in ihrem Alter. Und da möchte ich doch gerne auf den besten und
eindringlichsten Film zu diesem Thema hinweisen. Der große Regisseur
V. Shantaram hat in den 30ern einen seiner brillanten sozialen
Marathi-Film über eine junge Frau mit einem richtig alten Ehemann
gedreht. Der Einfachheit halber zitiere ich kurz aus
einem Artikel von mir über Shantaram, der im Retro-Filmmagazin „35
Millimeter“ Nr.22 erschienen ist: „In KUNKU (1937) wird eine noch
sehr junge Frau, eine Waise, auf betrügerische Weise mit einem viel
älteren Anwalt verheiratet und benimmt sich dann in dessen Haus
bewusst schroff und abweisend. Sie will keine Ungerechtigkeit dulden.
Shanta Apne spielt eines der zornigsten jungen Mädchen der indischen
Filmgeschichte.“ Ein großartiger, moderner Film. Und eine
großartige Hauptdarstellerin.