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Montag, 20. Mai 2019

Ajay Devgn in DE DE PYAAR DE – Jung trifft alt

Das war doch unterhaltsam. DE DE PYAAR DE (2019) ist eine hübsche Hindi-Komödie mit Ajay Devgn, Tabu und der jungen Süd-Schauspielerin Rakul Preet Singh. Der Film besteht aus drei Teilen: Er beginnt als romantische Komödie, wird dann zur ausgelassenen familiären Boulevard-Komödie mit viel Chaos und Durcheinander, sodass am Ende alles relativ ernst und sachlich einem glücklichen Ende zugeführt werden muss. Devgn spielt einen abgeklärten, von seiner in Indien lebenden Familie schon lange getrennten 50 Jahre alten Mann, einen reichen Investor in London. In dessen Wohnung hat sich am Anfang des Films eine Bachelor-Party-Gesellschaft angesagt, vermutlich jüngere Kollegen. Enttäuscht sind sie, denn er hat für nichts Wildes gesorgt. Es folgt eine falsche Striptease-Tänzerin als Testfalle für den zukünftigen Bräutigam. Die Verlobte taucht wutentbrannt auf. Tränen, Drama, fast Tragödie und dann doch Versöhnung. Und ein bisschen selbst schuld. Wer so gefährlich mit dem Feuer spielt, soll sich nicht wundern. Jedenfalls haben sich so die beiden Hauptfiguren - Investor und falsche Tänzerin – kennengelernt und es geht nun hin und her, um zu sehen, ob denn überhaupt was geht zwischen den beiden. Und da es einen Altersunterschied von 24 Jahren gibt, gibt es auch Diskussionen darüber sowie über Jugend, Alter und deren Kompatibilität. Alles geschmackvoll geschrieben, charmant gespielt und von Regisseur Akiv Ali kontrolliert inszeniert. Nur die Musik hätte man vielleicht ein bisschen sparsamer einsetzen können. Es ist absolut nicht nötig, jede Pointe mit einem musikalischen Effekt zu unterlegen.

Aber das alles ist eigentlich nur die Aufwärmphase für den lustigsten Teil des Films, für die Boulevard-Komödie. Wo Devgn seine Braut in Indien, genauer gesagt im Punjab, der Familie vorstellen will. Und wo er als höchst unerwünschter Gast mitten in die Hochzeitsanbahnung der Tochter platzt und wo die Familie des Mannes erwartet wird. Die Tochter darf aber offiziell gar nicht seine Tochter sein, denn sie hat ihn in ihrem Zorn auf seine ständige Abwesenheit längst für tot erklärt. Und wo der Papa, der dann notgedrungen zum Onkel wird, die eigene zukünftige Ehefrau verschreckt zu seiner Sekretärin erklärt, auf die der Sohn plötzlich eine gleichaltriges Auge wirft. Das alles lebt von der Situationskomik und der Besetzung. Ajay Devgn, der im Laufe des Films seine Geschäftsmannsouveränität immer mehr verliert, weil er Familienleben erst mal lernen muss. Etwas zerknautscht und ratlos steht er ein bisschen neben sich, beobachtet sein Leben wie von außen, weil es plötzlich von äußeren Faktoren, vor allem den Frauen, bestimmt wird. Wie im echten Leben eben. Tabu ist nach ANDHADHUN (2018) wieder ganz wunderbar, diesmal als souveräne Mutter, die in einer schönen und intimen Szene mit Ajay Devgn plötzlich zusammenbricht, weil sie es leid ist, immer die Starke zu spielen. Rakul Preet Singh kann da gut mithalten in einer Mischung aus lebenslustig-sexy und gefühlvoll-niedlich. Am meisten Spaß an dem Ganzen hat ganz offensichtlich Jimmy Shergill als exzentrischer Nachbar, der ein Auge auf Tabu geworfen hat.

Dabei verliert der Film die ganze Zeit nicht das Thema Altersunterschied aus dem Blickfeld. Und das ist ein Thema, das in Hindi-Filmen auf unterhaltsame Art nicht sehr oft problematisiert wurde, nicht zuletzt deshalb vermutlich, weil es einfach da ist. Zwischen älter werdenden Helden und Hauptdarstellerinnen tun sich eben nach und nach immer größere Alterslücken auf. Und in Devgns letztem Film RAID (2018) war seine Steuerfahnder-Figur mit Ileana d'Cruz verheiratet. Und zwischen Devgn und d'Cruz beträgt der Unterschied immerhin auch 20 Jahre. Aber offenbar plant ja sogar Bhansali in der Richtung etwas mit Alia Bhatt und Salman Khan, die 27 Jahre trennen. Es ist also ein scheinbar angesagtes Thema. Und es ist ironisch, dass Kritik daran kommt, da es sich doch in solchen Filmen um freiwillige Beziehungen handelt. Bisher war es im Hindi-Kino doch eher ein unangenehmes Thema, vielleicht verbunden mit einer sozialen Kritik an einer Verheiratungspraxis, wo jüngere Frauen ständig mit älteren Männern liiert werden, ohne dabei gefragt zu werden. Was besonders extrem wird, wenn ein Witwer noch mal heiratet. Wie in DEVDAS übrigens, wo die arme Parvati in einem Haus praktisch eingemauert ist mit Kindern in ihrem Alter. Und da möchte ich doch gerne auf den besten und eindringlichsten Film zu diesem Thema hinweisen. Der große Regisseur V. Shantaram hat in den 30ern einen seiner brillanten sozialen Marathi-Film über eine junge Frau mit einem richtig alten Ehemann gedreht. Der Einfachheit halber zitiere ich kurz aus einem Artikel von mir über Shantaram, der im Retro-Filmmagazin „35 Millimeter“ Nr.22 erschienen ist: „In KUNKU (1937) wird eine noch sehr junge Frau, eine Waise, auf betrügerische Weise mit einem viel älteren Anwalt verheiratet und benimmt sich dann in dessen Haus bewusst schroff und abweisend. Sie will keine Ungerechtigkeit dulden. Shanta Apne spielt eines der zornigsten jungen Mädchen der indischen Filmgeschichte.“ Ein großartiger, moderner Film. Und eine großartige Hauptdarstellerin.