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Samstag, 22. Februar 2020

Rani Mukerji in MARDAANI 2 – Mörderisches Männerego


2014 spielte Rani Mukerji die Hauptrolle als Polizistin Shivani Shivaji Roy in dem Thriller MARDAANI (2014), subtil inszeniert von Pradeep Sarkar, in dessen Film LAAGA CHUNARI MEIN DAAG (2007, Der Weg einer Frau) die Schauspielerin eine ihrer besten Rollen hatte. MARDAANI ist ein sehr realistischer Film um verschwundene junge Mädchen und Mädchenhandel und Zwangsprostitution. Außerdem lässt sich der Film Zeit für die privaten Probleme der Polizistin. Das Ganze ist sowohl optisch elegant als auch sehr echt, beklemmend, aus dem Mumbaier Leben gegriffen.

Jetzt hat Mukerji für MARDAANI 2 (2019) erneut die Polizeiuniform angelegt, allerdings hat Shivani Shivaji Roy in den letzten Jahren Karriere gemacht und ist jetzt Superintendent, also sozusagen Polizeidistriktvorsteherin, in der Stadt Kota im Südosten Rajasthans, an der Grenze zu Madhya Pradesh. Gopi Puthran, der Drehbuchautor und Regieassistent des ersten Teils, wurde zum Regisseur des Films befördert, den er auch geschrieben hat. Übrigens gilt dasselbe auch für einen offensichtlich in Planung befindlichen dritten Teil. Das Ganze ist jetzt also eine Serie, ein Franchise, wobei MARDAANI 2 einen Schritt weiter in Sachen Entertainment geht als sein Vorgänger. Diesmal handelt es sich um einen einfacher gestrickten Frauenmörderthriller mit Twists und Turns und Überraschungen und viel Psychotischem. Alles flüssig, spannend, unterhaltsam, handwerklich gut inszeniert, dazu die authentische Optik von Rajasthan, und wenn ich mir das letzte Jahr geistig so Revue passieren lasse, hat Puthran verdient den Filmfare Award für das beste Regie-Debüt bekommen.

Aber in MARDAANI 2 ist nicht nur ein sehr junger frauenfeindlicher, psychopathischer, sadistischer Frauenmörder und Vergewaltiger unterwegs. Nein, er ist gleichzeitig auch noch superschlauer und genial durchgeplanter Auftragsmörder, was also irgendwie zwei Filme in einem sind. Eines von beiden hätte eigentlich vollauf gereicht. Nun nehme ich an, man wollte nicht einfach beim feministischen problemorientierten Thriller stehenbleiben, was der erste Teil ja durchaus ist, sondern ein bisschen spektakulärer werden, mehr Entertainment bieten. Was gelungen ist. Und an sich ist es ja auch eine schöne Sache, sich nicht zu wiederholen, aber es läuft alles ein bisschen zu glatt, zu sehr wie am Schnürchen ab, und im Endeffekt ist mir da zu viel Killer und nicht genug Rani Mukerji, die gut und routiniert agiert.

Dieser Killer wird in MARDAANI 2 ”new age criminal“ genannt, dem Berühmtheit und sein Ego wichtig sind, auch wenn er in Wirklichkeit nur ein Schwächling mit sehr kleinem Ego ist, das sich ganz besonders von zu selbstständigen Frauen bedroht fühlt. Wobei ich mich nebenbei frage, ob das wirklich so ungeheuer neu ist, denn auch so mancher Bandit des Wilden Westens war schon stolz auf seinen Steckbriefe und seinen Ruf. Um die Selbstverliebtheit filmisch zu verdeutlichen, spricht er jedenfalls ständig in die Kamera und teilt uns seine innersten Gedanken mit, die aber nicht sehr tiefsinnig sind. Vor allem am Anfang wirkt das noch ganz passend, aber auf Dauer ist es einfach zu intelligent und zu cool. Kurz: Es kann nerven. Da ist dann der Film selbst ein bisschen zu sehr in die eigene Intelligenz verliebt. Solch ein irreal überdimensionierter und ungewöhnlicher Mörder hat natürlich den großen Vorteil, dass es am Ende keine männlichen Beschwerden gibt, dass doch nicht alle Männer so seien.  Zuletzt bin ich im Zusammenhang mit Meghna Gulzars bemerkenswertem Säureattackenfilm CHHAPAAK (2020) auf solche Kommentare im Netz gestoßen. Männer, die sich von bösen Männern in Filmen angegriffen und seelisch gekränkt fühlen, haben etwas Heulsusiges.

Die ernsthafte Thematik um Frauen, Karriere, Gleichberechtigung, Missbrauch, Mord sollte in MARDAANI 2 trotzdem nicht fehlen. Aber vieles wirkt in dem Zusammenhang konstruiert, künstlich hinzugefügt. Vor allem werden diese Themen im Kampf und in der Zusammenarbeit mit Polizeikollegen und einem Fernsehjournalisten abgehandelt. Dabei wird es oft ziemlich theoretisch, vor allem wenn Mukerji am Ende vor den Fernsehkameras einen langen Monolog über Gleichberechtigung und Gleichheit halten darf. Es gibt auch die mediale Diskussion, ob eine Frau überhaupt Polizistin sein sollte, weil der Mörder hier so fixiert auf sie ist. Aber jeder weiß doch aus dem Kino, dass Serienmörder grundsätzlich fixiert sind auf jeden ermittelnden Beamten, der sich herablassend über sie äußert, völlig unabhängig vom Geschlecht. Vor dem Nachspann kommen dann noch pflichtschuldigst düstere indische Vergewaltigungsstatistiken. Nächstes Mal sollte man einfach einen Thriller mit weiblicher Hauptfigur drehen. Ganz selbstverständlich. Als wäre man immer dazu verpflichtet, sich mit Problemthemen auseinanderzusetzen. Wenn man das aber unbedingt will, dann sollte man zum Prinzip des ersten Films zurückkehren und es authentischer machen, organischer in den Film integrieren.