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Montag, 9. März 2020

Tiger Schroff in BAAGHI 3 – Bruderliebe


Was man zunächst wissen muss über Ahmed Khans BAAGHI 3 (2020) mit Tiger Shroff: Der Titel bedeutet nicht etwa „Baaghi Teil drei“, sondern „Baaghi Nummer 3“. Denn das Baaghi-Franchise kommt ab sofort nicht mehr als fortlaufende Story, als Wiederholung von Figuren, daher, sondern ganz einfach als bewährte Marke. Tatsächlich handelt es sich um ein Remake des Telugu-Films VETTAI (2012) mit R. Madhavan. Die Tamil-Version TADAKHA (2013) war dann das erste von jetzt insgesamt vier Remakes. Einschließlich eben BAAGHI 3.

Eine inhaltliche Rechtfertigung für die Beibehaltung des BAAGHI-Titels kommt ganz am Ende von Nummer 3, wenn Hauptdarsteller Tiger Shroff aus dem Off spricht und irgendwas sagt wie, wenn er weiterhin so oder so lebe, dann sei er halt baaghi“, ein „Rebell“, was natürlich total idiotisch ist, denn so brav, wie seine Filmfiguren sind, ist und bleibt er der Traum aller Schwiegermütter. Sollte man übrigens bei diesem Nummerierungsprinzip bleiben, dann wird es spannend zu sehen sein, ob man es bis in den dreistelligen Bereich schafft, wenn der jetzt 30-jährige Tiger irgendwann mit Arthritis in Rente geht.

BAAGHI 3 handelt von einem kampffreudigen jüngeren Bruder, der den älteren immer aus schwierigen Situationen heraushauen muss. "Rooonnnie" plärrt das Opfer immer ganz laut, während Ronnie dann wie aus dem Nichts wütend wie der Hulk angestürmt kommt. Der Vater ist Polizist und wird beim Einsatz erschossen, als beide noch sehr jung sind. Und ausgerechnet das Weichei kann dann bei der Polizei anfangen und macht dank der brüderlichen Hilfe schnell Karriere und wird populär, bis er ganz am Ende endlich aus sich herauskommt und selbst energisch wird. Dass das eine seltsame Botschaft, die da über die Polizei vermittelt wird, hat man vermutlich gar nicht bemerkt. 

Das Ganze mündet in monumental-brachiale Anti-Terrorismus-Action aus zweiter Hand, etwa was die aus A.R. Murugadoss' Tamil-Film STALIN (2006) geklaute Licht-an-Licht-aus-Action-Sequenz betrifft, wobei ich natürlich nicht weiß, ob die schon im Telugu-Original enthalten ist. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass Shroff mit seiner total irrealen Action vor allem das Südkino als Vorbild hat. Die Vorwürfe der fehlenden Logik und der unmöglichen Actionszenen sind daher völlig blödsinnig. Das gehört schließlich besonders im Süden zum Prinzip. Mir gefällt das. Und wer's nicht mag, braucht ja nicht hinzugucken, um dann hinterher dummdämliche Hasstiraden im Netz loszulassen.

Tiger Shroff hat in BAAGHI 3 diesmal alles richtig gemacht. Zumindest für sich und seine Fähigkeiten. Das macht den Film, der einfache und schnell vergessene Unterhaltung ohne schlechtes Gewissen ist, zwar nicht groß, aber es gibt keine störenden Elemente mehr. Diesmal muss man kein langes Herumromanzen mit einem Mädchen ertragen. Die Liebesgeschichte ist als Pflichtübung zwar da, ist aber – bildlich gesprochen – schnell vollzogen. Boy und Girl kommen ohne viel Täterä zusammen, und alles funktioniert auch eher auf der Kumpelschiene. Keine Tigerfell-Romantik mehr, hoffentlich bleibt das so. 

Die wahre Liebesgeschichte spielt sich sowieso woanders ab. Die wahre Romantik existiert zwischen den zwei Brüdern. Wenn er das Bruderherz ansieht, hat Tiger Shroff ganz feuchte und gerührte Augen, die die Freundin verkörpernde Shraddha Kapoor bei ihm nicht mal ansatzweise hervorzaubert. Aber die ist ja sowieso ein bisschen blöd und rennt auf der Suche nach Netzempfang mit ihrem Handy aufs vollbesetzte Pissoir des Männerklos. Männerfantasien halt.

Tiger Shroff kann hier also nach Herzenslaune kämpfen und tanzen, Letzteres eigentlich ein bisschen zu wenig, wobei ich jetzt nicht mitgezählt habe. Beim Tänzen kann er entspannt lachen und lächeln. Beim Kämpfen kann er ausdruckslos verbissen gucken. Das sind ungefähr die beiden schauspielerischen Mittel, über die er verfügt. Dass ich vielleicht gegenüber Shroff  kritischer bin als sonst, liegt ganz einfach daran, dass der neue BAAGHI nicht mehr, wie die anderen beiden, ein sympathischer kleiner B-Film ist, sondern dass man jetzt gezielt versucht, in den Bollywood-Superstar-Olymp aufzusteigen. Und da gelten andere Maßstäbe. Es sei ihm gegönnt, wenn die Massen ihn auf Dauer wollen, aber ich bin skeptisch. 

WAR (2019) war zwar klasse und verdient erfolgreich, aber das liegt ja an dem ausgezeichneten Regisseur Siddharth Anand. Und bisher war Shroff doch vor allem ein Actionheld für die Damen, für die er sich immer eine bestimmte Zeit lang oben ohne präsentieren muss, um ausreichend Material für den „weiblichen Blick“ zu liefern. Was ich mich frage, ist, ob er auf Dauer auch ein Actionheld für Männer wird. Ein umjubelter Superstar will er jedenfalls mit aller Macht werden. In BAAGHI 3 lässt er sich jetzt sogar den Segen des Vaters Jackie Shroff geben: „Ich bin stolz auf dich, mein Sohn.“ Und dann steht er auf dem Dach eines Hauses und wird von überall her bejubelt. Männerfantasien halt.