Vor einigen Jahren kam
eine kleine Welle von „Street Dance“-Filmen in die deutschen
Kinos. Sie hatten alle gemeinsam, dass sie nicht sehr teure
britische oder US-Produktionen waren, die Schauspieler nicht unbedingt brillant waren,
aber echte Tänzer, oft auch echte Typen und allein dadurch schon
Authentizität in die Filme kam. Die gab es auch in den Probeszenen
und den Tanznummern, die oft sogar sehr einfallsreich choreographiert
und gefilmt wurden. Selbst das Aufeinandertreffen von Street Dance
und Ballett in einem dieser Filme funktionierte. Kurz und gut, es hat trotz
aller Schwächen immer Spaß gemacht, sich diese Filme anzugucken.
Und immer war alles echt. Das war das einfache Rezept, an das man sich hielt. Aber in Bollywood ticken die Uhren anders.
Die Vorläufer vom neuen
STREET DANCER (2020) hatte ich mir geschenkt. Aber wie bei der
mir ansonsten unbekannten HOUSEFULL-Reihe, wo ich mich kürzlich vom vierten Teil quälen ließ, dachte
ich mir voller Übermut, jetzt wäre es mal an der Zeit, auch einen
dieser Tanzfilme zu gucken, auf die ich sonst ebenfalls nie Lust gehabt hatte, weil
ich zu Recht Böses ahnte. Jedenfalls habe ich nur die 2D-Version
gesehen, wofür ich äußerst dankbar bin, da der Film mir dann jedenfalls
nicht ganz so dicht auf die Pelle rücken konnte. Zurück bleibt nur
die Frage: Wie kann es eigentlich sein, dass aus Bombay, der
Welthauptstadt des Filmtanzes, so ein ungenießbarer Eintopf
herauskommt. Selbst schlechte Filme haben manchmal einen
unterhaltenden Charme, aber hier ist alles gefangen in einer grellen
Künstlichkeit und weh tuender Pseudo-Authentizität. Und warum
eigentlich spielt Varun Dhawan einen Hip-Hop-Tänzer, wenn er doch
gar keiner ist? Die digitalen Effekte bei seinen Saltos und anderen
Hüpfereien sind dann auch noch so offensichtlich, dass es zum Fremdschämen ist.
Und wenn er nach so einem Effekt ein stolz-cooles Gesicht macht und in die
Kamera guckt, dann beginne ich alles Positive, was ich jemals über
ihn gedacht und geschrieben habe, zu überdenken. Wenn ich mir
übrigens in der Hindi-Kinovorschau seine nächsten Filme angucken,
frage ich mich, wohin er will mit seiner Karriere?
Gleichzeitig scheint sich
die Regie nicht darüber im Klaren zu sein, dass sie den Gipfel der
Verlogenheit schnell erreicht hat und der Film ein einziges
peinliches Herunterpurzeln ist: Da gibt es beispielsweise eine ganz
kurze nichtssagende Tanznummer bei einem Wettbewerb, Kamera aus der
Ferne, ein paar Schnitte. Im Endeffekt hat man nichts gesehen. Dann
ertönt der Ansager oder Moderator und rattert ein paar imposante
Adjektive herunter, wie doll das alles doch gewesen ist. Es gibt
schlechte und gute Filme, und dann gibt es Filme, die merken gar
nichts.
Diesen ganzen
unauthentischen Tanzmist versucht der Film durch eine authentische
Rahmenhandlung auszugleichen. Dafür hat man sich einmal die
Rivalität zwischen Indien und Pakistan ausgesucht und das dann mit
den armen Obdachlosen gekuppelt. Am Ende sieht man sogar ein paar
echte Bilder von SWAT, der Londoner Sikh-Hilfsorganisation für
Obdachlose, die die Filmemacher inspiriert haben soll. Die
Organisation hat übrigens eine Homepage und die sollte man sich lieber angucken als diesen Film.
Wer trotzdem mehr über den
Film wissen will, soll zu IMDb gehen und sich die Verrisse
durchlesen. Stimmt alles. Ohne Ausnahme. Nächstes Mal bleibe ich bei
so was zu Hause.