Wer Spaß hat an
altmodischem Hero-Masala, getragen von einem charismatischen
Superstar, das Ganze ohne Verbindung zur Wirklichkeit und mit
Logiklöchern, die einfach dazugehören wie die Löcher zu bestimmten
Käsesorten, der dürfte sein Vergnügen an dem neuen Malayalam-Film
BIG BROTHER (2020) mit Mohanlal haben, der dem Film ganz im
Alleingang die nötige Bodenständigkeit und die nötige
Menschlichkeit verleiht, damit das Ganze nicht bloß in Abziehbildern
stecken bleibt. „Altmodisch“ ist der Film von Regisseur Siddique
in dem Sinne, dass er sich mit seiner Ruhe dem modernen emotionslosen
und ruhelosen Jahrmarktskino-Stil verweigert. Zwar gibt auch Mohanlal
zwischendurch den schwerelos kämpfenden fliegenden Fighter, aber das
ist eher amüsant fantastisch und nicht übertrieben heroisch. Wobei
es die Sache erleichtert, Fan von Mohanlal zu sein. Sonst besteht
doch die Gefahr, sich an den Logiklöchern festzubeißen, die der
Film vor allem im zweiten Teil reichlich hat.
Mohanlal spielt einen
durch die Bemühungen des jüngsten Bruders nach 25 Jahren aus dem
Gefängnis freigekommenen Mann, der einst als Jugendlicher zwei
Männer umbrachte: Einmal durch einen Unfall den brutalen Ex-Mann der
Stiefmutter und dann einen sadistischen Beamten aus dem Jugendknast,
den man mit einer Schlinge um den Hals an Gitterstäben hochzog. Und
da der Staat irgendwie schnell beleidigt ist, wenn es seine
Angestellten trifft, bekam der sehr junge Mann zwei Mal
lebenslänglich ohne jede Milde.
Was nach dieser
Entlassung zunächst kommt, ist ein amüsanter komödiantischer Teil,
wobei alle Entlassenen-Klischees, die es sonst oft gibt, vermieden
und sogar umgekehrt werden denn normalerweise will man in diesen
Filmen einen Verwandten aus dem Gefängnis eben nicht bei Feiern
dabei haben. Hier ist das Gegenteil der Fall. Dazu gibt es hübsche Musik von
Deepak Dev, zwar nur drei oder vier Songs, ist ja ein Thriller, aber
eine charmante Hochzeitstanznummer heißt „Kalamanodishtam“ und
ist charmant und zurückhaltend visualisiert, wo man in Bollywood-Filmen oft zum
Überproduzieren tendiert. Jedenfalls fragt Mohanlal als Gefangener
ständig um Erlaubnis, redet die Bediensteten mit Sir an und hilft
beim Bettenmachen. Das wird als verwirklichter Sozialismus
betrachtet, an dem sich die anderen Hausherren sich ein Beispiel nehmen sollten.
Er zeigt große Schüchternheit gegenüber Frauen wie ein verklemmter
Teenager. Übrigens ist die Hauptfigur selbst durch ihre lange Abweseheit "altmodisch". Aber eigentlich gefällt dem ehemaligen Gefangenen das alles nicht, er möchte am
liebsten wieder zurück ins Gefängnis. Aber da setzt die Handlung
ein und es wird ernst.
Denn dann kommt der
Thriller und der Action-Teil, bei dem man nicht zu viel denken sollte.
Wer die Fähigkeit dazu hat, der wird seinen Spaß haben, so wie ich
ihn hatte. Mohanlal kann hier im Dunkeln sehen und war war Teil einer
illegalen Gefangenen-Kampfeinheit, die man unbewaffnet als
Kanonenfutter bei schwierigen Einsätzen vorschickte. Jetzt geht es
auf die Jagd nach einem geheimnisumwitterten Drogenboss. Es gibt dann noch einige hübsche
Ideen und es geht hin und her und her und hin und am Ende ist der
Bösewicht natürlich der, den man schon lange als solchen in
Verdacht hatte, und auch Mohanlal ahnte es schon lange. Keine
Überraschung, nichts Neues, was auch mal richtig schön sein kann.